Mein Liebster Hajo ist am 6. September 2010 ganz plötzlich an einer Lungenembolie gestorben. Vier Jahre habe ich ihn durch eine schwere Depression begleitet. Der Abschied fällt mir so schwer. Doch das Schreiben erleichtert mich und lässt mich ihm immer wieder nah sein.


Dienstag, 22. November 2011

Trauer ändert sich

Heute war ich zu meiner ersten Blutkontrolle nach Chemobeginn, es war ein netter Termin, weil die Blutabnehmerin eine ausgesprochen fröhliche und liebe Person ist, wir haben uns gut unterhalten. Darum fuhr ich auch zufrieden nach Hause und frühstückte in der neuen Küche. Und las Zeitung. Ein Bericht über einen deutschen Koch, der seit mehr als 20 Jahren seine drei Sterne verteidigt, was wohl einzigartig ist in der Kochwelt. Wie auch immer, ich las über Gerichte, über Alteingesessensein, über... und auf einmal erschienst Du vor meinem geistigen Auge, unsere gemeinsamen Restaurantbesuche in der Pfalz. Und ich merkte, wie sich die Trauer verändert. Sie wird tiefer. Es ist wie ein Stachel, der weh tut. Er dringt in die Haut ein, es entzündet sich alles, es schmerzt fürchterlich und es ist akkut. Das ist der Anfang der Trauer. Der hält sich Monate, Jahre, je nachdem.

Und irgendwann dann ist die Entzündung weg. Das Akkute ist weg. Aber der Stachel sitzt tief, so tief, wie er nie saß, und er wird für immer bleiben. Die Entzündungsschmerzen sind nicht mehr da, nur das Gefühl des unendlichen Verlustes.

Es ist eine tiefe, tiefe Trauer. Es ist ein tiefer unendlicher Schmerz, der einfach da ist.

Ich kann wieder lachen, Hajo, ich erfreue mich an meinem neuen Haus, an all den renovierten Dingen, an meinem fleißigen Mitbewohner, unseren guten Freund, ich bin wieder gerne unter Leuten, ich liebe mein Leben trotz oder wegen des Krebses, der ja nun rausoperiert wurde. Auch die Chemo kann dem nicht viel anhaben. Die Trauer um Dich ist ein fester Bestandteil geworden, es ist nichts Erschreckendes mehr, es ist ein Teil von mir. Aber die Tiefe dieser Trauer, diese unendliche Tiefe, die spüre ich erst jetzt.

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